Discussion:
Spiegel: "Ende des Konsumstreiks - die Deutschen kaufen wieder"
(zu alt für eine Antwort)
Michael Blunck
2004-03-02 10:06:48 UTC
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Den Spiegel sollte man tatsächlich nur beim Friseur lesen, es sei denn nationale
(und nicht nur parteipolitische) Beweggründe veranlassen ihn zu derartigen
Artikeln:

"Ende eines Konsumstreiks

Die Deutschen kaufen wieder

Der Einzelhandel, seit Jahren die Jammer-Branche der Nation, kann endlich
Erfolge melden. Nach dem spektakulär miesen Weihnachtsgeschäft haben die
Deutschen im Januar wieder fleißiger konsumiert.

Berlin - Nach Herausrechnung der Preisveränderungen (real) hat der deutsche
Einzelhandel 3,1 Prozent mehr verkauft als im Vormonat, teilte das Statistische
Bundesamt am Dienstag mit. Damit stiegen die Umsätze stärker als von den meisten
Volkswirten erwartet wurde.

Nominal belief sich das Umsatzplus zum Vormonat saisonbereinigt auf 3,3 Prozent.
Ulla Lahl, Analystin bei der Mizuho Corporate, sagte, die Einzelhandelsdaten
könnten ein erstes Anzeichen dafür sein, dass die Verbraucher auf die
Steuersenkung zum 1. Januar doch noch positiv reagierten [...]"

usw. usf.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,288724,00.html

Wenn man sich die dem Artikel zugrundeliegenden heute veröffentlichten Daten des
Statistischen Bundesamtes ansieht kommt man aber zu einem ganz anderen Ergebnis:

Danach wurde im Januar 2004 lediglich im *Einzelhandel* mit *Nahrungsmitteln*
mehr umgesetzt, und zwar real +0,9%. Im *Facheinzelhandel* mit Lebensmitteln
wurden dagegen real -2,7% umgesetzt.

Im Einzelhandel mit *Nicht-Nahrungsmitteln* (und allein hier können wir ja mit
einigem Recht von konjunktur-relevanten Daten ausgehen, gefressen und gesoffen
wird ja immer, die klugen Amis wissen das :o) lagen die Umsätze dagegen real
um -2,3% niedriger!

http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2004/p0920171.htm

Wurde also lediglich im Lebensmittel-Einzelhandel ein höherer Umsatz erzielt,
erhöbe sich noch die Frage ob dies möglicherweise auch durch Preis- oder
Steuererhöhungen zustande kam? Ich rauche nicht, aber Getränke und Tabakwaren
machen einen bedeutenden Anteil am Posten "Nahrungsmittel" bei destatis aus.

Gruß
Michael
Dirk Kopp
2004-03-02 11:30:48 UTC
Permalink
Post by Michael Blunck
Nominal belief sich das Umsatzplus zum Vormonat saisonbereinigt auf 3,3 Prozent.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,288724,00.html
Wenn man sich die dem Artikel zugrundeliegenden heute veröffentlichten Daten des
Danach wurde im Januar 2004 lediglich im *Einzelhandel* mit *Nahrungsmitteln*
mehr umgesetzt, und zwar real +0,9%. Im *Facheinzelhandel* mit Lebensmitteln
wurden dagegen real -2,7% umgesetzt.
Im Einzelhandel mit *Nicht-Nahrungsmitteln* (und allein hier können wir ja mit
einigem Recht von konjunktur-relevanten Daten ausgehen, gefressen und gesoffen
wird ja immer, die klugen Amis wissen das :o) lagen die Umsätze dagegen real
um -2,3% niedriger!
http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2004/p0920171.htm
Du möchtest den Unterschied zwischen dem Vergleich zum Vormonat und dem
Vergleich zum Vorjahresmonat lernen.
Der Spiegel vergleicht Januar 2004 mit Dezember 2003, Destatis Januar
2004 mit Januar 2003.
Scrollst du be Destatis weiter nach unten, findest du auch die Zahlen,
die der Spiegel zitiert.

Gruß
Dirk
Michael Blunck
2004-03-02 11:45:52 UTC
Permalink
Dirk Kopp scripsit:

[...]
Post by Dirk Kopp
Du möchtest den Unterschied zwischen dem Vergleich zum Vormonat und
dem Vergleich zum Vorjahresmonat lernen.
Der ist mir bekannt.
Post by Dirk Kopp
Der Spiegel vergleicht Januar 2004 mit Dezember 2003, Destatis
Januar 2004 mit Januar 2003.
Mea culpa. Ich habe aus der flaschen Tabelle zitiert.
Post by Dirk Kopp
Scrollst du be Destatis weiter nach unten, findest du auch die
Zahlen, die der Spiegel zitiert.
Nicht ganz. Lediglich die +3,3% (+3,1%) finden sich am Ende der Tabelle
"Einzelhandelsumsatz", leider nicht aufgeschlüsselt. Warten wur also noch 14
Tage bis Destatis soweit ist um zu sehen wie ein derart fulminanter Anstieg
zustande kommt. "Nicht-saisonbereinigt" stehen für den Januar ja lediglich -0,2%
bzw -1% zu Buche.

Gruß
Michael
Michael Hoffmann
2004-03-03 08:21:16 UTC
Permalink
Post by Michael Blunck
Nach dem spektakulär miesen Weihnachtsgeschäft haben die
Deutschen im Januar wieder fleißiger konsumiert.
Berlin - Nach Herausrechnung der Preisveränderungen (real) hat der deutsche
Einzelhandel 3,1 Prozent mehr verkauft als im Vormonat, teilte das Statistische
Bundesamt am Dienstag mit. Damit stiegen die Umsätze stärker als von den meisten
Volkswirten erwartet wurde.
Aber im Vergleich zum letzten Januar gab es ein Minus von 1%, soweit ich
gelesen habe.

Wobei ich mich frage, wie der Umsatz im Januar höher sein kann als im
Dezember, wo fast alle Leute Weihnachtsgeschenke gekauft haben, und die
Leckereien für Weihnachten und Silvester etc.

Gruß
Michael
--
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig. Jeder Versuch, sich
mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen. (Maria Benning in
der Zeitschrift c't, 6/2002)
Dirk Kopp
2004-03-03 08:52:32 UTC
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Post by Michael Hoffmann
Wobei ich mich frage, wie der Umsatz im Januar höher sein kann als im
Dezember, wo fast alle Leute Weihnachtsgeschenke gekauft haben, und die
Leckereien für Weihnachten und Silvester etc.
Das läuft wohl unter dem netten Stichwort "saisonbereinigt" :-)

Gruß
Dirk
Michael Hoffmann
2004-03-04 07:42:02 UTC
Permalink
Post by Dirk Kopp
Das läuft wohl unter dem netten Stichwort "saisonbereinigt" :-)
Mit anderen Worten: Die Zahlen sind durch irgendwelche unbekannten
Korrekturfaktoren "verschmutzt" und damit eher nichtssagend, denn es
weiß ja niemand, ob der Korrekturfaktor auch für den letzten Dezember
zutreffend war, oder ob sich das Käuferverhalten geändert hat.

Gruß
Michael
--
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig. Jeder
Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen
gelingen. (Maria Benning in der Zeitschrift c't, 6/2002)
Michael Blunck
2004-03-04 08:22:14 UTC
Permalink
Post by Michael Hoffmann
Post by Dirk Kopp
Das läuft wohl unter dem netten Stichwort "saisonbereinigt" :-)
Mit anderen Worten: Die Zahlen sind durch irgendwelche unbekannten
Korrekturfaktoren "verschmutzt" und damit eher nichtssagend, denn es
weiß ja niemand, ob der Korrekturfaktor auch für den letzten
Dezember zutreffend war, oder ob sich das Käuferverhalten geändert
hat.
Deshalb ist ja jede Statistik interpretierungsbedürftig. :o)

Ich habe jetzt leider keinen direkten Link da ich die Destatis-Seiten einige
Zeit vernachlässigt habe aber mE müsstest du dort eine Erklärung finden wie
genau diese Bereinigung funktioniert.

Im übrigen teile ich natürlich deine Ansicht im Grundsätzlichen.

Gruß
Michael

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